Deutsches Filmmuseum in der Trägerschaft des Deutschen Filminstituts – DIF e.V.
„Hommage posthum“
- Einführung zu Frank Beyer: Spur der Steine (1966)


Als Teil unserer Aktivitäten veranstalteten wir ´freunde` eine Vorstellung des Films „Spur der Steine“ von Frank Beyer. Die Veranstaltung, die als reines Wiedersehen mit einem großen Filmschaffenden geplant war, wurde durch den für uns unerwarteten Tod des Regisseurs zu einem Ereignis anderer Art. Daher an dieser Stelle einen noch einmal zum Nachlesen die einführenden Worte von Elmar Diez:



Meine Damen und Herren ,
liebe Freunde des Deutschen Filmmuseums

Ich möchte Sie im Namen unseres Fördervereins „freunde des deutschen filmmuseums“ zu unserem heutigen Film „Spur der Steine“ von Frank Beyer sehr herzlich begrüßen.

Vorausschickend darf ich Ihnen ankündigen, dass Sie natürlich gerne unserem Förderverein als Mitglied beitreten können. Wir haben Mitgliedsformulare vorbereitet und Sie erhalten –neben der kostenlosen Zusendung des monatlichen Programms – freien Eintritt zu den von uns vorgeschlagenen Filmen, so wie heute, Einladungen zu Ausstellungseröffnungen, sowie noch eine Reihe weiterer günstiger Angebote im Hinblick auf Film, Ausstellungen und drumherum.

Als wir im vergangenen Juli nach einer Umfrage unter unseren Mitgliedern beschlossen, den Film „Spur der Steine“ ins Programm zu nehmen, ahnten wir natürlich nicht, dass dieser Filmbeitrag zu einer „hommage posthum“ an den Regisseur Frank Beyer werden würde. Frank Beyer ist – wie die meisten von Ihnen wissen – am 1. Oktober im Alter von 74 Jahren in Berlin gestorben.
Wir hatten ursprünglich den Film unter dem Titel „Baustelle im Filmmuseum“ für den August vorgesehen. Doch da es im August – wider Erwarten – gar keine Baustelle hier im Hause gab, zeigen wir den Streifen erst heute.

Frank Beyer gehört, wie es der Schriftsteller Erich Loest ausgedrückt hat, zu den drei oder vier ganz Großen der DDR. Und Loest muss es wissen; denn Frank Beyer hat Loests Roman „Nikolaikirche“ über die Massendemonstrationen 1989 in Leipzig im Jahr 1995 verfilmt. Außerdem ist er der einzige Regisseur der DDR, dessen Film „Jakob der Lügner“ nach dem Romanvorlage von Jurek Becker als einziger je für einen Oscar nominiert wurde.

Für die Regisseure im Bundesverband Regie gilt Frank Beyer als einer der politischsten Filmemacher überhaupt. Nicht nur, dass er sich eine strenge Rüge von der SED einfing, weil er seine Unterschrift gegen die Biermann-Ausweisung 1976 nicht zurückzog, sondern, weil er sich trotz Drangsalierung durch die politische Führung in der DDR nie angepasst hat und auch noch nach der Wende ein Nonkonformist geblieben ist.

Der heutige Film „Spur der Steine“ wurde vor fast genau 40 Jahren am 30. Juni 1966 in Berlin uraufgeführt. Obwohl er kurz zuvor auf den Arbeiterfestspielen in Potsdam begeistert aufgenommen wurde, lief sofort hinter den Kulissen die Diffamierungskampagne.
Im Publikum saßen bei der Premiere gedingte Tumultmacher. Einen Tag später am 1. Juli 1966 brüllten bei der Vorführung in Leipzig Kampfgruppen und Parteischüler den Film nieder. In einer Szene, als Brigadeleiter Balla, einer der Hauptdarsteller – gespielt von Manfred Krug - mit seiner Brigade wie eine Phalanx von Westernhelden aufmarschiert – wir werden es gleich sehen - schreien Krakeeler „das sind nicht unsere Arbeiter“. Bei Manfred Krug selbst rufen sie: „Geh endlich arbeiten, du Schwein“ und schließlich in einer Szene- ich verrate nur zwei Stichworte „Polizist und Teich“ fordern die Tumultmacher: „den Regisseur einsperren!“.

Der Film wurde schließlich nach drei Tagen wegen „antisozialistischer Tendenzen“ abgesetzt, weil er eine SED vorführe, die „tief zerstritten“ sei und weil er „aufgrund von falschen Positionen seines Regisseurs auch künstlerisch ganz schwach sei, eben ein Machwerk in jeder Beziehung“, so der damalige Kultusminister. Beyer durfte nach dem Verbot jahrelang keine Filme mehr drehen und wechselte zum Theater.

Erst im Herbst 1989 erfuhr der Film eine Wiederaufführung. Hierzu durfte dann auch – im Zuge der friedlichen Revolution - Manfred Krug, der die DDR längst verlassen hatte, einreisen und dieser zeigte sich nicht wenig verblüfft, als er selbst den neuen Generalsekretär unter den Besuchern erblickte.

Es mag uns daher heute erstaunen, dass ausgerechnet das „Neue Deutschland“ im Gegensatz zu vor 40 Jahren in einem Nachruf auf Frank Beyer vom 4. Oktober diesen Jahres es bedauert, dass der Film damals ins „Exil der Giftküche gezwungen wurde“. Dies mit dem interessanten Zitat: „Als wäre der Blick auf den Sozialismus, wie er ist, eine Absage an ihn“. Dies wird gekrönt mit dem Satz: „Dabei wollten kräftiger Witz und herzbewegte Trauer über das, was ist, nur den Blick schärfen für das, was sein möge“.

Die Geschichte des Films rund um eine Großbaustelle zeigt mit seinen drei Hauptfiguren die Gegensätze von Wirtschaft, Staat und Privatleben und legt dabei den Finger in alle Wunden. Es ist ganz sicher kein versteckter Frontalangriff auf Politik und Parteistellen der DDR. Der Film zeugt von Beyers eigener Überzeugung zu dieser Zeit, die Verhältnisse innerhalb der DDR zum Besseren zu wenden. Gleichzeitig offenbart er jedoch auch schonungslose Kritik an Dummheit, Egoismus, Machtgerangel und Inkompetenz.

Der Film zeigt einen intensiven Einblick in die politischen und menschlichen Konflikte der DDR in den 60er Jahren. Und was nicht unwichtig ist: Er trägt auf diesem Weg auch zu einer Aufarbeitung der Geschichte der DDR insgesamt bei.

Was den Film ein Stück kurios macht, ist die Tatsache, dass Frank Beyer – wenn es nach dem Wunsch seiner Mutter gegangen wäre - selbst Maurer hätte werden sollen.

Und nun, meine Damen und Herren, liebe Freunde: Freuen Sie sich mit mir auf einen ganz jungen Manfred Krug, von dem wir aber wissen, dass er auch als reifer Schauspieler von heute seine Jugendlichkeit nicht ganz verloren hat.


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