Festival des lateinamerikanischen Films vom 1. bis 7. Mai
Dem aufregenden cineastischen Geschehen sowie kulturelle und gesellschaftliche Entwicklungen Lateinamerikas widmet sich das tourende Festivalprogramm. Unsere Auswahl zeigt zehn Filme aus Mexiko, Argentinien, Chile, Brasilien, Guatemala, Venezuela und Uruguay.
Kinotermine
Fr 1.5. 18.00 Uhr
INTIMIDADES DE SHAKESPEARE Y VICTOR HUGO
Shakespeare and Victor Hugo’s Intimacies
Mexiko 2008, R: Yulene Olaizol, Dokumentarfilm, 83 min OmeU
Schauplatz des Dokumentarfilms INTIMIDADES DE SHAKESPEARE Y VICTOR HUGO (Mexiko
2008) ist das Haus von Rosa Carbajal an der Ecke der Shakespeare- und Victor-Hugo
Straße in Mexiko-City, hinter dessen Fassade sich eine leidenschaftliche und
intime Geschichte verbirgt. Sie beginnt eines Tages, als Jorge Riosse einzieht
– jung und attraktiv und von Geheimnissen umgeben. Acht Jahre bis zu seinem
plötzlichen Tod lebt er in dem Haus und wird Rosas bester Freund. Diese erzählt
20 Jahre später als Großmutter ihrer Enkelin, der Filmemacherin Yulene Olaizola,
was sie von Jorge beobachtet hat, stellt Vermutungen an und thematisiert immer
wieder den Wunsch, der Einsamkeit zu entkommen. Ihre Erinnerungen verdichten
sich zu einem eindrucksvollen Portrait eines Abwesenden und seiner Tragödie.
Fr 1.5. 20.30 Uhr
PARTES USADAS Used Parts
Mexiko 2007, R: Aaron Fernandez, Da: Eduardo Granados, Alan Chavez, 95 min
OmeU
In PARTES USADAS (Used Parts, 2007) träumen der 14-jährige Iván und sein Onkel
Jaime, ein Händler von Gebrauchtwagenteilen, gemeinsam von einer besseren Zukunft:
Sie möchten legal in die USA auswandern. Als sie feststellen, dass sie das
Geld für den Schlepper nicht bezahlen können, weist der Onkel Iván in das Stehlen
von Ersatzteilen ein. Gemeinsam mit seinem Freund Efravn erledigen sie diese
gefährliche Aufgabe – bis Ivan dahinterkommt, dass sein Onkel seine Pläne geändert
hat. Vor dem Hintergrund realer Fakten und Charaktere erzählt der Film von
der Loyalität und Freundschaft seiner beiden jugendlichen Hauptdarsteller,
die dem Film durch ihr hervorragendes Spiel eine besondere Dynamik und Authentizität
verleihen.
Fr 1.5. 22.30 Uhr
O CHEIRO DO RALO Drained
Brasilien 2007, R: Heitor Dalia, Da: Selton Mello, Paula Braun, 112 min OmeU
Die skurrile schwarze Komödie O CHEIRO DO RALO (Drained, 2007), nach der gleichnamigen
Novelle von Lourenço Mutarelli, führt den Zuschauer in die Welt des sonderlichen
Pfandhausbesitzers Lourenço. Dieser verdient sich seinen Unterhalt damit, verzweifelten
Menschen ihr Hab und Gut abzukaufen, und genießt dabei die Macht, die er dadurch
über sie ausüben kann. Sein Kontrollwahn und sein Hang zu sonderlichen Obsessionen,
einem Glasauge, dem Hintern einer Kellnerin und ein verstopfter Abfluss lassen
seine konstruierte Welt schließlich immer mehr zusammenbrechen und führen ihn
an den Rand eines existenziellen Dramas.
Sa 2.5. 20.30 Uhr
COCHOCHI
Mexiko 2007, R: Laura Guzman, Israel Cardenas, Da: Luis Antonio Lerma Torres,
Evaristo, Corpus Lerna Torres, 87 min OmeU
COCHOCHI (2007) erzählt von der Geschichte der beiden Brüder Evaristo und Tony,
mexikanische Indigenos, die bei ihrem Großvater in einem Dorf im Nordwesten
des Landes leben und deren Situation stellvertretend für viele Jugendliche
steht. Sie haben soeben die Schule beendet und sind noch unentschlossen, ob
sie das Gymnasium besuchen oder der Tradition entsprechend auf der Ranch ihrer
Eltern arbeiten sollen. Eines Tages bittet der Großvater sie, einen Botengang
mit seinem Pferd ans andere Ende der Sierra Tarahumara zu erledigen. Doch den
Brüdern läuft das Tier davon, und ohne Pferd können sie sich zu Hause nicht
mehr blicken lassen...
Sa 2.5. 22.30 Uhr
LA VIDA ME MATA Life Kills Me
Chile 2007, R: Sebastián Silva, Da: Gabriel Díaz, Claudia Celedón, Diego Muñoz,
92 min OmeU
Der Debütfilm LA VIDA ME MATA (Life Kills Me, 2007) des vielfältigen chilenischen
Künstlers und Regisseurs Sebastian Silva ist eine stilisierte mit schwarzem
Humor und surrealistischem Unterton ausgeprägte Betrachtung über Leben und
Tod. Der Kameramann Gaspar neigt zu Depressionen, da er den frühen Tod seines
älteren Bruders nicht überwinden kann. Auch sein Engagement bei einem schrägen
Kurzfilmprojekt mit der Möchtegernschauspielerin Susana hält ihn nicht von
ständig neuen, halbherzigen Selbstmordversuchen ab. Auf einer Beerdigung lernt
er den exzentrischen Álvaro kennen, und diese Begegnung lässt ihn den Tod mit
anderen Augen sehen.
So 3.5. 18.00 Uhr
ALICIA EN EL PAIS Alice in the Land
Chile 2008, R: Esteban Larraín, Da: Alicia Esquivel, 86 min OmeU
ALICIA EN EL PAIS (Alice in the Land, 2008) beruht auf der wahren Geschichte
des 13-jährigen Quechua-Mädchens Alicia, die ihr Dorf in Südbolivien zu Fuß
verlässt, um in Nordchile, mehr als 180 Kilometer entfernt, Arbeit zu suchen.
Zwei Jahre später spielt sie ihre eigene Geschichte nach. Esteban Larraíns
folgt ihr mit der Kamera auf der langen und anstrengenden Reise. In völliger
Symbiose mit der Natur läuft Alicia fast ohne Unterbrechung durch zauberhafte
und kontrastreiche Landschaften, über Bergkämme, Steppen und Salzwüsten. Die
bolivianischen Landschaften wirken wie psychische Katalysatoren und rufen bei
der jungen Quechua Flashbacks hervor, die sie Episoden aus dem Schul- oder
Familienleben oder von traditionellen Feiern wiedererleben lassen.
Die Wanderung birgt neben der ökonomischen auch eine spirituelle Funktion,
die eng mit der Tradition der Quechua verbunden ist: Wanderungen galten in
der Inka-Kultur als Initiationsreise und symbolisierten den Eintritt ins Erwachsensein.
So 3.5. 20.30 Uhr
GIGANTE
RA/UR/DE/NL 2009, R: Adrián Biniez, Da: Horacio Camandule, Leonor Svarcas,
90 min OmU
In GIGANTE (2009) arbeitet Jara als Wachmann in einem Supermarkt und erblickt
eines Nachts auf dem Bildschirm Julia, die schönste aller Putzfrauen. Auf den
ersten Blick verliebt er sich in sie, und die dröge Überwachungspflicht verwandelt
sich in eine Schatzsuche im Warenhauslabyrinth. Weil er sich jedoch nicht traut,
die Schöne anzusprechen, folgt er ihr, wohin sie auch geht, und wird ihr heimlicher,
doch unbelohnter Schutzengel.
Voll liebevoller Lakonie, präziser Situationskomik und wunderbar trockenem
Humor schuf Adrian Bienez eine einfühlsame Supermarkt-Romanze – mit der wohl
schönsten Liebeserklärung der jüngeren Filmgeschichte. Gigante wurde auf der
Berlinale mit gleich drei Preisen ausgezeichnet, darunter der Silberne Bär,
der Große Preis der Jury.
Di 5.5. 20.30 Uhr
ANTONIA
Brasilien 2006, R: Tata Amaral, Da: Negra Li, Cindy, Leilah Moreno, Quelyna,
90 min OmeU
ANTONIA (2006), der dritte Teil einer Trilogie, ist starken archetypischen
Frauenfiguren gewidmet, die sich selbst treu bleiben und mutig und kraftvoll
für ihre Ziele einsetzen. Am Stadtrand von São Paolo kämpfen vier junge schwarze
Frauen, die seit ihrer Kindheit zusammen singen, für einen Traum. Sie gründen
ihre eigene Rapband Antonia, suchen sich einen Manager und fangen an, in Bars
und auf Partys aufzutreten. Aber gerade, als sich die ersten Erfolge einstellen,
holt der Alltag der Favela sie ein: Sie müssen gegen Armut, Gewalt und männlichen
Chauvinismus ankämpfen, worüber ihre Freundschaft zu zerbrechen droht.
Der sehr authentisch wirkende Musikfilm wurde an den Originalschauplätzen in
Vila Brasilandia gedreht und die Hauptdarstellerinnen unter 600 lokalen jungen
Rapperinnen gecastet.
Mi 6.5. 20.30 Uhr
GALLERO
Argentinien 2009, R: Sergio Mazza, Da: Gustavo Almada, Silvia Zerbini OmeU
GALLERO (2009) handelt von Mario, einem „Gallero“, der Kampfhähne züchtet und
zurückgezogen lebt. Während eines Gelegenheitsjobs auf dem Land lernt er Julia
kennen, eine ältere Frau, die ihre Familie bei einem Autounfall verloren hat
und nur noch in ihren Erinnerungen und für die Religion lebt. Die Begegnung
löst bei beiden verborgene Gefühle aus, die zunächst keiner zulassen möchte.
Sergio Mazza hat mit Gallero einen Film geschaffen, der durch seine plastischen
Bilder besticht. Er zeigt eine Welt, in der Einsamkeit, Liebe und Brutalität
Hand in Hand gehen, eine Welt zwischen Realität und Absurdität.
Do 7.5. 20.30 Uhr
EL ENEMIGO
Venezuela 2008, R: Luis Alberto Lamata, Da: Lourdes Valera, Carlos Cruz, 88
min OmeU
EL ENEMIGO (2008) spielt in der von Gewalt und Schrecken beherrschten Stadt
Caracas. Dort, in dieser vom moralischen Zerfall geprägten Gesellschaft, prallen
zwei Welten aufeinander. Antonieta und Benigno begegnen sich nachts in der
Notaufnahme eines Krankenhauses. Sie verdient sich ihren Lebensunterhalt mit
Waschen und Bügeln, er ist Staatsanwalt. Beide bangen um die Zukunft ihrer
Kinder: Antonietas Sohn Odulio wurde bei einer Schießerei im Drogenmilieu schwer
verletzt, Benignos Tochter Elisa geriet im Verlauf einer Geiselnahme in einen
Schusswechsel. Während Antonieta die Augen vor der Realität verschließt und
nicht wahrhaben will, dass ihr Sohn längst in die Kriminalität abgerutscht
ist, glaubt Benigno an das Gesetz und die Gerechtigkeit – und doch verbindet
beide ein dunkles Geheimnis.
In Kooperation mit dem CineLatino Festival, Tübingen