Programmreihe dienstags, mittwochs und donnerstags (18 Uhr) Zum 70. Geburtstag von Volker Schlöndorff präsentiert die Programmreihe Klassiker & Raritäten eine Auswahl seiner wichtigsten Filme, die im Mai fortgesetzt wird. Weitere Filme werden aus dem Programm von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films und der Retrospektive von Nippon Connection gezeigt. Wie gewohnt führen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Filme ein.
Kinotermine im April
Mi 1.4. 18.00 Uhr | Volker Schlöndorff
DER PLÖTZLICHE REICHTUM DER ARMEN LEUTE VON KOMBACH
BRD 1971, R: Volker Schlöndorff, Da: Georg Lehn, Reinhard Hauff, 101 min
Einführung: Beate Dannhorn
Der für den Hessischen Rundfunk produzierte DER PLÖTZLICHE REICHTUM
DER ARMEN LEUTE VON KOMBACH (1971) ist eine der raren Annäherungen an
den Heimatfilm, der ohne jegliches Klischee auskommt. Stattdessen gelingt Volker
Schlöndorff eine ebenso einfühlsame wie unterhaltsame soziale Studie,
die auf historischen Ereignissen beruht: Um ihrer Armut ein Ende zu machen, überfallen
hessische Bauern 1825 einen Geldtransport des Fürsten. Für einen
Augenblick scheint das Ziel erreicht und ihr Leben radikal gewandelt. Erst
später erfahren sie, dass sich damit nichts an den Ursachen ihrer Misere
geändert hat.
Do 2.4. 18.00 Uhr | Sa 4.4. 18.00 Uhr
WIR WUNDERKINDER
BRD 1958, R: Kurt Hoffmann, Da: Hansjörg Felmy, Robert Graf, Johanna von
Koczian, Elisabeth Flickenschildt, 107 min
Begleitend zur Ausstellung Liselotte Strelow im Historischen Museum Frankfurt
präsentiert unser Kino WIR WUNDERKINDER (1958). Kurt Hoffmanns Satire
auf die Entwicklung Deutschlands während der erste Hälfte des 20.
Jahrhunderts war einer der wenigen Filme der 1950er Jahre, die sich kritisch
mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinander setzten. Erzählt werden
die Lebenswege der Schulkameraden Hans (Hansjörg Felmy) und Bruno (Robert
Graf), die unterschiedlicher kaum sein könnten – der integre Hans
kommt fast immer zu kurz, während der windige Opportunist Bruno erst im
Dritten Reich und dann in der jungen Bundesrepublik rücksichtslos Karriere
macht. Neben den hervorragenden Schauspielern beeindruckt vor allem die kabarettistische
Rahmenhandlung der beiden Erzähler Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller.
Di 7.4.18.00 Uhr | freunde des deutschen filmmuseums
Wunschfilm: DAS WUNDER DES MALACHIAS
BRD 1961, R: Bernhard Wicki, Da: Horst Bollmann, Richard Münch, Christiane
Nielsen, Loriot, 122 min
Einführung: Margot Müller
Als Wunschfilm der freunde des deutschen filmmuseums zeigen wir mit DAS WUNDER
DES MALACHIAS (1961) eine weitere Satire auf das deutsche Wirtschaftswunder.
Bernhard Wickis mehrfach ausgezeichnete Verfilmung eines Romans von Bruce Marshall
handelt von dem weltfremden Mönch Malachias, dessen Gebet ein Wunder in
einer deutschen Industriestadt bewirkt: Ein anrüchiges Lokal verschwindet
aus der Stadt und taucht auf einer entfernten Nordseeinsel wieder auf. Aus
dem darauf folgenden medialen Spektakel schlagen die Bürger der Stadt
rücksichtslos Kapital. Mit viel schwarzem Humor nimmt Wicki die Geld-
und Sensationsgier der Wohlstandsbürger aufs Korn und zeigt die Auswüchse
der Wirtschaftswunderzeit in ihrem gesamten Spektrum.
Mi 8.4. 18.00 Uhr | Sa 11.4. 18.00 Uhr | Volker Schlöndorff
DIE BLECHTROMMEL
BRD/F 1979, R: Volker Schlöndorff, Da: David Benennt, Mario Adorf, A.
Winkler, 142 min
Die Blechtrommel, der 1959 erschienene Roman von Günter Grass, galt lange
Zeit als unverfilmbar. Erst 1975 verkaufte Grass die Rechte an Volker Schlöndorff,
dessen vier Jahre später fertiggestellte Verfilmung Die Blechtrommel (1979)
zum erfolgreichsten deutschen Film der Nachkriegsgeschichte avancierte, mit
der Goldene Palme in Cannes und dem Oscar als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet
und fortan zu Schlöndorffs Markenzeichen wurde. Aus Protest gegen die
Erwachsenenwelt stellt der 1924 in Danzig geborene Oskar Matzerath (David Benennt)
an seinem dritten Geburtstag das Wachstum ein. Mit einer Blechtrommel artikuliert
er fortan wütend seinen Protest gegen Nazis und Mitläufer, Feigheit
und Spießertum.
Do 9.4. 18.00 Uhr | Volker Schlöndorff
DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM
BRD 1975, R: Volker Schlöndorff, Margarethe von Trotta, Da: Angela Winkler,
Mario Adorf, Jürgen Prochnow,106 min
DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM (1975), Volker Schlöndorffs und
Margarethe von Trottas Verfilmung der gleichnamigen Erzählung von Heinrich
Böll, zählte zu den ersten international vielbeachteten Werken des
jungen deutschen Films. Wie in der Literatur bezieht sich auch der Film auf
die, durch aktuelle Streitfragen im Zusammenhang mit der Terrorismus-Debatte
der 1970er Jahre ausgelöste, beispiellose Hetzkampagne der Boulevard-Presse
gegen Böll, in der er zum RAF-Sympathisanten degradiert, sein Haus durchsucht
und er überwacht wurde. Die Haushälterin Katharina Blum (Angela Winkler)
wird durch ihre zufällige Bekanntschaft mit einem Terrorverdächtigen
zum wehrlosen Opfer von Polizei, Justiz und Sensationspresse. Als der psychische
und menschliche Druck aus Vorurteilen, Verunglimpfungen und offenem Hass immer
unerträglicher wird, greift Katharina zur Waffe, um den letzten Rest ihrer
Ehre zu retten.
70mm – Bigger Than Life / Nachholtermin
Mo 13.4. 19.00 Uhr
FLYING CLIPPER. TRAUMREISE UNTER WEISSEN SEGELN
BRD 1962, R: Hermann Leitner, Rudolf Nußgruber
Dokumentarfilm, 154 min OF, Neue Kopie
Weitere Infos zum Film:
New 70mm print of "Flying Clipper"
Traumreisen auf breitem Filmband: Das M.C.S.-70-Verfahren
Di 14.4. 18.00 Uhr | Carte Blanche Schlöndorff
ON THE WATERFRONT Die Faust im Nacken
USA 1954, R: Elia Kazan, Da: Marlon Brando, Karl Malden, 108 min, DF
Einführung: Horst Martin
In seiner Schulzeit in Frankreich erlebte Schlöndorff, dass Film dort
im Gegensatz zu seiner deutschen Heimat längst zur Kultur gehörte
und Anerkennung fand. ON THE WATERFRONT (Die Faust im Nacken, 1954), den er
bei einem Ferienaufenthalt in Deutschland sah, sollte zu einem prägenden
Kinoerlebnis werden: „Ich konnte nicht benennen, was mich mehr aufwühlte,
die gnadenlose Bosheit der Welt oder der fast unmögliche Kampf gegen die
Ungerechtigkeit? Oder war es die Freude, von Liebe belohnt und beflügelt
zu werden, ermutigt von einem bigger than life-Priester? Oder war es die Ausstrahlung
des jungen Brando, die realistische Schwarzweiß-Fotografie, die hautnahe,
alles dramatisch zuspitzende Regie Elia Kazans oder die dynamische Musik Leonard
Bernsteins? Es war alles zusammen, und es waren die Patres, die Révérends
Pères, die mich ermutigten, solche Impulse ernst zu nehmen und aus einer
vagen Sehnsucht ein konkretes Berufsziel abzuleiten.“
Mi 15.4. 18.00 Uhr | Volker Schlöndorff
DER FANGSCHUSS
BRD 1979, R: Volker Schlöndorff, Da: Margarethe von Trotta, Matthias Habich,
96 min
Einführung: Beate Dannhorn
Der Fangschuss (1976), die Verfilmung eines Romans von Marguerite Yourcenar,
schildert – vor dem Hintergrund des Bürgerkrieges im Baltikum 1919 – die
tragischen Konsequenzen einer unglücklichen Liebesgeschichte zwischen
der leidenschaftlichen jungen Adligen Sophie (Margarethe von Trotta) und dem
gefühlskalten preußischen Offizier Erich (Matthias Habich). In kargen
Schwarzweiß-Bildern und getragen von zwei hervorragenden Hauptdarstellern,
in deren Spiel zurückhaltende Zärtlichkeit als auch Kälte und
Gewalt zum Ausdruck kommt, ergründet Volker Schlöndorff, auf welche
Gesellschaftsschichten sich das NS-Regime stützen konnte.
Do 16.4. 19.00 Uhr | Retrospektive Nippon Connection
BURUU FIRUMU NO ONNA Blue Film Woman
J 1969, R: Mukai Kan, Da: H. Miki, K. Rika, 80 min, OmeU
Im Gespräch: Jasper Sharp und Roland Domenig
BURUU FIRUMU NO ONNA (Blue Film Woman, 1969) war einer der ersten Pink-Filme
in Farbe unter der Regie von Mukai Kan, einem der vergessenen Helden dieses
Industriezweigs, der mehrere hundert Pink-Filme drehte. Er schildert detailliert
die Versuche einer jungen Frau, einen korrupten Banker zu erpressen, der für
den Tod ihrer Eltern verantwortlich ist. Gefilmt in psychedelischen Farben
vor dem Hintergrund des swingenden Tokyo der 1960er Jahre.
Sa 18.4.19.00 Uhr | Retrospektive Nippon Connection
JIGOKU NO ROOPA 2: KINBAKU SM 18-SAI S&M Hunter
Japan 1986, R: Kataoka Shuji, Da: Shimomoto Shiro, Saotome Hiromi, 61 min OmeU,
BetaSP
In Kataoka Shujis JIGOKU NO ROOPA 2: KINBAKU SM 18-SAI (S&M Hunter, 1986)
wird der erste S&M-Superheld der Welt von einem Mann beauftragt, seinen
schwulen Geliebten aus den Klauen einer finsteren Nazi-Mädchengang zu
befreien. Als ein Beispiel für die wildere Seite des 1980er Jahre-Pink-Films
ist S&M Hunter viel zu absurd, um tatsächlich zu schockieren.
Di 21.4. 18.00 Uhr | Carte Blanche Schlöndorff
PERVYJ UCITEL Der erste Lehrer
UdSSR 1966, R: Andrej Mihalkov-Končalovskij, Da: Bolot Bejschenalijew,
Natalja Arinbassarowa, 102 min, OmU
PERVYY UCHITEL (Der erste Lehrer, 1966) spielt in Kirgisien: Ein ehemaliger
Soldat der Roten Armee kommt in ein einsames Bergdorf, um als erster Lehrer
die einheimischen Kinder zu unterrichten. Er hat von Anfang an gegen den Widerstand
der fortschrittsfeindlichen Dorfbewohner zu kämpfen. Der Konflikt verschärft
sich, als eine Schülerin, zu der er eine tiefe Zuneigung empfindet, gegen
ihren Willen mit einem mächtigen Großbauern verheiratet wird.
Mi 22.4. 18.00 Uhr | Volker Schlöndorff
UN AMOUR DES SWANN Eine Liebe von Swann
F/BRD 1984, R: Volker Schlöndorff, Da: Jeremy Irons, Ornella Muti, Alain
Dellon, 111 min, DF
Mit großem Aufwand und internationaler Starbesetzung (unter anderem Jeremy
Irons, Ornella Muti, Alain Delon und Fanny Ardant) verfilmte Volker Schlöndorff
mit EINE LIEBE VON SWANN (1984) ein Kapitel aus Marcel Prousts Roman „Auf
der Suche nach der verlorenen Zeit“. Atmosphärisch stimmig und detailsicher
inszeniert erzählt er die Liebesgeschichte des Pariser Lebemannes Charles
Swann (Jeremy Irons), einem kunstbeflissenen und anerkannten Mitglied der „besseren
Kreise“, mit der Dirne Odette (Ornella Muti), die nicht zuletzt an dessen
Eifersucht, Besitzanspruch und Exaltiertheit scheitert.
Do 23.4. 18.00 Uhr | goEast- Symposium
WOJNA ŚWIATÓW – NASTĘPNE STULECIE
Krieg der Welten – Das nächste Jahrhundert
Polen 1981/1983, R: Piotr Szulkin, Da: Roman Wilhelmi, Krystyna Janda, Mariusz
Dmochowski, 95 min, OmdU
Einf.: Claudia Siefen
Den Anfang der goEast-Beiträge in unserem Kino macht ein Film aus der
Reihe zum Symposium Winter adé – Filmische Vorboten der Wende:
Vom Alltag in Diktaturen handelt KRIEG DER WELTEN – DAS NÄCHSTE
JAHRHUNDERT (1981/83). Regisseur Piotr Szulkin lässt seine Science-Fiction-Parabel – interessanterweise
in einer westlichen Szenerie – kurz vor dem neuen Jahrtausend spielen,
in der Menschen von Marsianern kontrolliert werden. Nur der Fernsehmoderator
Idem lehnt sich dagegen auf, doch seine Zuschauer sind bereits gleichgeschaltet.
Di 28.4. 18.00 Uhr | goEast- Hommage
KOROTKIE VSTREČI Kurze Begegnungen
UdSSR (Ukraine) 1967, R: Kira Muratova, Da: Kira Muratova, Vladimir Vysockij,
Nina Ruslanova, 96 min, OmeU
Einführung: Claudia Siefen
Die goEast-Hommage ehrt mit Kira Muratova die „Grande Dame des sowjetisch-russischen
Kinos“. KURZE BEGEGNUNGEN (1967) erzählt die ungewöhnliche
Dreiecksbeziehung zwischen der Stadträtin Valentina, dem Geologen Maksim
und der Kellnerin Nadia. Auf zwei narrativen Ebenen bewegen sich die Verwirrungen
und Verwechslungen der Protagonisten, die an Truffauts JULES ET JIM (F 1962)
erinnern.
Mi 29.4. 18.00 Uhr | go-East- Hommage
DOLGIE PROVODY Lange Abschiede
UdSSR (Ukraine) 1971, R: Kira Muratova, Da: Zinaida Šarko, Oleg Vladimirskij,
Tatjana Mycˇko, 97 min OmeU
Einf.: Claudia Siefen
In LANGE ABSCHIEDE (1971) nutzt die Regisseurin außergewöhnliche
Erzählweisen, um zwischenmenschliche Beziehungen zu visualisieren, wie
die eines Jungen, der träumt, seine Mutter zu verlassen, um bei seinen
Vater zu leben.
Do 30.4. 18.00 Uhr | goEast- Hommage
ASTENIČESKIJ SINDROM Das Asthenische Syndrom
UdSSR (Ukraine) 1989, R: Kira Muratova, 153 min, OmeU
Einführung: Claudia Siefen
DAS ASTHENISCHE SYNDROM (1989) handelt von einer Witwe, die ihrer Wut und Trauer
um ihren verstorbenen Gatten freien Lauf lässt; eine Parabel auf gescheiterte
Machtverhältnisse.
Zur Filmreihe "KLASSIKER & RARITÄTEN"