Am 25. März verleiht die Evangelische Filmjury im Rahmen der Veranstaltungsreihe den Preis „Film des Jahres 2006“ an Andres Veiel für DER KICK.
Nach der Vorführung des Films diskutiert Andres Veiel mit Karsten Visarius, epd Film-Autor und Geschäftsführer der Jury, und stellt sich den Fragen des Publikums.
So 25.3. 20.00 Uhr
DER KICK
D2006, R: Andres Veiel, Da: Susanne-Marie Wrage, Markus Lerch, 85 min, ab 12
Jahren
In einem brandenburgischen Dorf töten im Juli 2002 zwei Jugendliche den
16-jährigen Marinus Schöberl nach stundenlanger Quälerei. Die
Täter kannten ihr Opfer, die Leiche wurde vier Monate später in einer
Jauchegrube gefunden. Der Dokumentarfilmer Andres Veiel und die Dramaturgin Gesine
Schmidt wollten mehr über die Hintergründe und Umstände der Tat
erfahren. „In den meisten Debatten wurden die Täter in einen Monsterkä?g
gesperrt. Ich wollte sie da von Anfang an herausholen. Wir müssen uns die
Täter als Menschen vorstellen. Wir geben ihnen eine Biografie. Das ist die
eigentliche Provokation“, sagt der 1959 in Stuttgart geborene Andres Veiel,
der mit seinen Dokumentarfilmen gerne heikle Themen aufgreift wie den Mord an
Alfred Herrhausen in BLACK BOX BRD (2000/2001) oder die Hinter- und Beweggründe
für die Selbstmorde von dreien seiner ehemaligen Mitschüler in DIE
ÜBERLEBENDEN (1994-1996).
Auf der Grundlage von Vernehmungsprotokollen, Gerichtsakten und Interviews schrieben
Veiel und Schmidt für DER KICK ein dokumentarisches Theaterstück,
das die Tat nicht erklärt, sie aber in einen sozialen, historischen und
familiären Zusammenhang stellt. Eine Schauspielerin und ein Schauspieler
stellen die etwa 20 Rollen dar: die Täter, ihre Eltern, die Mutter des
Opfers, der Bürgermeister, der Pfarrer und andere kommen zu Wort. Der Film
folgt der Inszenierung des Theaterstücks, verstärkt jedoch durch Naheinstellungen
und Geräusche die beklemmende Atmosphäre. Jenseits unmittelbarer Reflexe
löst der Film einen Prozess der Erkenntnis aus, der nach den Ursachen der
Gewalt fragt. Die antinaturalistische Reduktion der filmischen Mittel macht hör-
und wahrnehmbar, was unerträglich und unfassbar scheint: eine seelische
Verwahrlosung, eine Empfindungslosigkeit und Gewaltbereitschaft, die eine ihrer
Wurzeln in der fehlenden Perspektive der Dorfbewohner hat. Über die monströsen
Handlungen der Täter hinaus werden Resignation, Abstumpfung und Verbitterung
spürbar, eine alltägliche Entzivilisierung, die den Hintergrund für
ihre Taten bilden.
Trailer auf filmportal.de
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