© 1996-2005 Deutsches Filmmuseum Frankfurt am Main
Alle Rechte vorbehalten

Diese Seite drucken | Dieses Fenster schliessen
WAS TUT SICH – IM DEUTSCHEN FILM?
Am 25. März verleiht die Evangelische Filmjury im Rahmen der Veranstaltungsreihe den Preis „Film des Jahres 2006“ an Andres Veiel für DER KICK.
Nach der Vorführung des Films diskutiert Andres Veiel mit Karsten Visarius, epd Film-Autor und Geschäftsführer der Jury, und stellt sich den Fragen des Publikums.

So 25.3. 20.00 Uhr
DER KICK
D2006, R: Andres Veiel, Da: Susanne-Marie Wrage, Markus Lerch, 85 min, ab 12 Jahren
In einem brandenburgischen Dorf töten im Juli 2002 zwei Jugendliche den 16-jährigen Marinus Schöberl nach stundenlanger Quälerei. Die Täter kannten ihr Opfer, die Leiche wurde vier Monate später in einer Jauchegrube gefunden. Der Dokumentarfilmer Andres Veiel und die Dramaturgin Gesine Schmidt wollten mehr über die Hintergründe und Umstände der Tat erfahren. „In den meisten Debatten wurden die Täter in einen Monsterkä?g gesperrt. Ich wollte sie da von Anfang an herausholen. Wir müssen uns die Täter als Menschen vorstellen. Wir geben ihnen eine Biografie. Das ist die eigentliche Provokation“, sagt der 1959 in Stuttgart geborene Andres Veiel, der mit seinen Dokumentarfilmen gerne heikle Themen aufgreift wie den Mord an Alfred Herrhausen in BLACK BOX BRD (2000/2001) oder die Hinter- und Beweggründe für die Selbstmorde von dreien seiner ehemaligen Mitschüler in DIE ÜBERLEBENDEN (1994-1996).

Auf der Grundlage von Vernehmungsprotokollen, Gerichtsakten und Interviews schrieben Veiel und Schmidt für DER KICK ein dokumentarisches Theaterstück, das die Tat nicht erklärt, sie aber in einen sozialen, historischen und familiären Zusammenhang stellt. Eine Schauspielerin und ein Schauspieler stellen die etwa 20 Rollen dar: die Täter, ihre Eltern, die Mutter des Opfers, der Bürgermeister, der Pfarrer und andere kommen zu Wort. Der Film folgt der Inszenierung des Theaterstücks, verstärkt jedoch durch Naheinstellungen und Geräusche die beklemmende Atmosphäre. Jenseits unmittelbarer Reflexe löst der Film einen Prozess der Erkenntnis aus, der nach den Ursachen der Gewalt fragt. Die antinaturalistische Reduktion der filmischen Mittel macht hör- und wahrnehmbar, was unerträglich und unfassbar scheint: eine seelische Verwahrlosung, eine Empfindungslosigkeit und Gewaltbereitschaft, die eine ihrer Wurzeln in der fehlenden Perspektive der Dorfbewohner hat. Über die monströsen Handlungen der Täter hinaus werden Resignation, Abstumpfung und Verbitterung spürbar, eine alltägliche Entzivilisierung, die den Hintergrund für ihre Taten bilden.

Trailer auf filmportal.de

Zur Veranstaltungsreihe Was tut sich - im deutschen Film?



Druckversion