29. November 2007 bis 10. Februar 2008
Biografien
Neue Filmkunst, Walter Kirchner
1953 gründet der filmbegeisterte Jura-Student Walter Kirchner den Filmverleih
Neue Filmkunst in Göttingen. Sein Ziel ist es, die internationale Filmkunst
dem deutschen Publikum zugänglich zu machen. Er bringt als erster Filme
von Ingmar Bergman, Luis Buñuel oder Rene Clair nach Deutschland — in
der Originalfassung mit deutschen Untertiteln. Außerdem erwirbt er sich
Wiederauffüh-rungsrechte berühmter Filmklassiker. Durch einem Wettbewerb
an der Werkakademie Kassel gewinnt er Hans Hillmann als Gestalter für
seine Filmplakate. Kirchner ist der Erste, der es wagt, mit moderner Grafik
aus dem tristen Einerlei der Filmwerbung auszubrechen. Neben einem künstlerisch
eigenständigen Plakat wird zu jedem Film ein aufwendig gestaltetes und
inhaltlich fundiertes Programmheft veröffentlicht. Mitte der 70er Jahre
gerät der Verleih in finanzielle Schwierigkeiten. Unter dem Namen „Die
Lupe“ führt er seinen Filmverleih mit einem in Deutschland einzigartigen
Repertoire-Programm jedoch bis 2005 fort. Walter Kirchner lebt in Göttingen.
Atlas Film
Der junge Kinobetreiber Hanns Eckelkamp bekommt 1959 die Chance den Klassiker
12 Uhr mittags erneut in die Kinos zu bringen. Er vermarktet den Film erfolgreich
als Filmkunst und erkennt die Chance dieser Sparte. Im folgenden Jahr gründet
er in Duisburg den Atlas Filmverleih, der sich wie die Neue Filmkunst zum
Ziel setzt aktuelle Werke der Filmkunst und Wiederaufführungen hervorragender
Klassiker in die Kinos zu bringen.Das Programm von Atlas Film wendet sich
an eine breitere Masse und setzt stark auf moderne Werbung, die von Anfang
an in der Hand des Gestalterehepaars Fischer-Nosbisch liegt. Gemeinsam mit
befreundeten Grafikern wie Heinz Edelmann oder Karl Oskar Blase schaffen
sie revolutionäre Gesamtkonzepte für die Filmver-marktung.Der Bergman-Film
Das Schweigen wird 1964 zum Skandalfilm des Jahres und gleichzeitig der größte
Erfolg in der Firmengeschichte. Dennoch gerät der Verleih 1967 in finanzielle
Schwierigkeiten und muss Konkurs anmelden.Eckelkamp führt die Marke
Atlas Film weiter u.a. als erfolgreichen 16 mm-Verleih und später als
Videovertrieb. Als Produzent feiert er mit den Fassbinder-Filmen der frühen
80er Jahre große Erfolge. Hanns Eckelkamp lebt in Berlin.
Grafiker und Grafikerinnen
Ferry Ahrlé
*1924
Ferry Ahrlé ist Maler, Künstler, Schauspieler, Autor und Filmplakat-gestalter.
Für den Münchner Constantin Filmverleih gestaltet er in den 60er
Jahren Plakate für Filmklassiker von Fellini, Polanski oder Welles. Geboren
in Frankfurt am Main und aufgewachsen in Berlin, kommt er durch seinen Vater,
den Werbepionier René Ahrlé, früh in Kontakt mit der Kunst.
Nach dem Studium an der Akademie der Künste arbeitet er als freier Künstler.
In den 80er Jahren wird er durch zahlreiche TV-Produktionen für den Hessischen
Rundfunk einem breiteren Publikum bekannt. Er lebt in Frankfurt am Main und
in Berlin.
Bele Bachem
*1916, † 2005
Bele Bachem wird in Düsseldorf geboren und bereits durch den Vater in
Kunst und Literatur geprägt. Nach ihrem Studium an der Kunstakademie Berlin
finden ihre Arbeiten schnell Anerkennung. Vor allem als Bühnenbildnerin
ist sie gefragt und wird nach München geholt. Buchillustrationen und Entwürfe
für die Porzel-lanfirma Rosenthal folgen. Regisseur Kurt Hoffmann engagiert
sie für die Gestaltung seiner Vorspanne und Filmplakate, u.a. für „Das
Wirtshaus im Spessart“. Sie gilt als eine der bedeutendsten Nachkriegskünstlerinnen.
2005 stirbt sie in München.
Karl Oskar Blase
*1925
Karl Oskar Blase gründet nach seinem Studium an der Werkkunst-schule Wuppertal
ein Atelier mit Felix Müller. Sondermarken der Post und Gestaltungsaufgaben
für die Amerika-Häuser sind erste Erfolge, ebenso die Gestaltung
der Zeitschrift „form“. Er wird Dozent an der Werkkunstschule Kassel,
1966 erhält er seine Professur an der Hochschule für bildende Künste. Über
die Designgruppe „novum“ erhält er zahlreiche Aufträge
von Atlas Film. Als Gestalter und Teilnehmer mit seinen freien Arbeiten prägt
er über Jahre die Documenta. Karl Oskar Blase lebt in Kassel.
Heinz Edelmann
*1934
Heinz Edelmann verbinden die meisten mit „Yellow Submarine“, dem
legendären Beatles-Film, für den er sich als Art Director verantworlich
zeichnete. Er studiert Grafik an der Düsseldorfer Kunstakademie und erlangt
erste Berühmtheit durch seine Mitarbeit an den „twen“-Heften
der frühen 60er Jahre. Seine Pop-Illustrati-onen gehen um die ganze Welt.
Für den Atlas-Verleih gestaltet er ein Dutzend Filmplakate, weitere Auftraggeber
sind die „FAZ“ und der Westdeutsche Rundfunk. 1984 erhält
er eine Professur an der Fachhochschule Düsseldorf. Edelmann lebt in Amsterdam.
Fischer-Nosbisch
*1919, † 1997
*1921
Fischer-Nosbisch steht für das Gestalterehepaar Fritz Fischer und Dorothea
Fischer-Nosbisch. Nach dem Studium an der „Städel-schule“ in
Frankfurt am Main machen sich die beiden gemeinsam selbstständig. 1958
initiieren sie die Gründung der Designgruppe „novum“. Atlas
Film wird der wichtigste Auftraggeber. Ende der 60er Jahre kommt es zur Trennung.
Fritz Fischer arbeitet bis zu seinem Tod 1997 weiter als Grafiker für
kulturelle Institutionen. Dorothea Fischer-Nosbisch arbeitet als Kunstpädagogin
und gestaltet Briefmarken für die Post. Sie lebt in der Nähe von
Darmstadt.
Hans Hillmann
*1925
Hans Hillmann kann man als Begründer des modernen Filmplakats in Deutschland
nennen. Während seines Studiums bei Hans Leistikow an der Werkakademie
in Kassel nimmt er 1953 an einem Wettbewerb des Filmverleihers Walter Kirchner
erfolgreich teil. Bis 1974 gestaltet er rund 150 Filmplakate für den Verleih
und erhält für seine Plakate nationale und internationale Auszeichnungen.
1961 wird er zum Professor in Kassel ernannt. Als Illustrator arbeitet er für
das „FAZ Magazin“ oder die Kultzeitschrift „twen“.
1983 illustriert er den Hammett-Krimi „Fliegenpapier“. Hillmann
lebt in Frankfurt am Main.
Jan Lenica
*1928, † 2001
Jan Lenica gilt als einer der bekanntesten polnischen Plakat-künstler.
Seine Theaterplakate und seine Filmplakate für den Staatsfilmverleiher
CWF erhalten internationale Anerkennung. Die Neue Filmkunst legt seine Plakate
auch in Deutschland auf, der Atlas Verleih beauftragt ihn mit neuen Plakaten.
Als weiteres Medium entdeckt er den Animationsfilm, den er mit seinen Arbeiten
entscheidend prägt. In Kassel erhält er eine Professur für Trickfilm,
später wird er zum Professor an die Berliner Hochschule der Künste
berufen. Jan Lenica stirbt 2001 in Berlin.
Michel+Kieser
*1920, † 1996
*1930
Michel+Kieser ist der Name der Ateliergemeinschaft von Hans Michel und Günther
Kieser, die die beiden nach ihrem Studium gründen. Aufträge für
die Bundespost, den Hessischen Rundfunk und die Stadt Frankfurt am Main werden
bearbeitet. 1958 schließen sie sich der Designgruppe „novum“ an,
Aufträge für Atlas Film und die Neue Filmkunst folgen. Ab 1963 gehen
Michel+Kieser getrennte Wege. Michel wird Professor in Hamburg und widmet sich
ganz der Lehrtätigkeit. Er stirbt 1996. Kieser, der heute vor allem für
seine Jazz-Plakate international bekannt ist, lebt in Offenbach.
Isolde Baumgart
*1935
Isolde Baumgart, heute Monson-Baumgart studiert in Kassel bei Hans Leistikow
und setzt ihr Studium in Paris fort. Schon während des Studiums gestaltet
sie erste Filmplakate für die Neue Filmkunst, später auch für
Atlas Film. Weitere Aufträge sind Sondermarken für die Deutsche Post
oder Plakate für die Kieler Woche und das Oktoberfest. In den 70er Jahren
arbeitet sie als Dozentin für Grafikdesign in den USA. Parallel arbeitet
sie immer als freie Künstlerin. Nach der Aufgabe ihres Ateliers in Frankfurt
lebt sienun ganz in Tourette-Levens in Südfrankreich.
Rambow+Lienemeyer
*1938
*1936
Rambow+Lienemeyer, das sind Gunter Rambow und Gerhard Lienemeyer. Die beiden
lernen sich während ihres Studiums bei Hans Hillmann in Kassel kennen
und arbeiten bis 1988 zusammen. 1962 erhalten sie durch Hillmann den Auftrag
für die beiden Filmplakate „Goldrausch“ und „Amphitryon“ vom
Atlas-Filmverleih. Der in Güstrow lebende Rambow ist dem Medium Plakat
bis heute treu geblieben und gehört zu den bekanntesten deutschen Plakatgestaltern.
Lienemeyer widmet sich vor allem kleineren Drucksachen; er hat sich als Briefmarkengestalter
für die Post einen Namen gemacht.
Wolfgang Schmidt
*1929, † 1995
Wolfgang Schmidt studiert zuerst in Stuttgart, dann an der Werkakademie Kassel
bei Hans Leistikow. Zu seinen ersten Aufträgen gehören Filmplakate
für die Neue Filmkunst. Er nimmt einen Lehrauftrag in Reykjavik an, arbeitet
in Kopenhagen und später in Frankfurt am Main und Dreieichenhain. Das
Leitsystem für den Frankfurter Schienenverkehr und das Erscheinungsbild
der Möbelfirma Vitsoe gehören zu seinen Aufträgen. Auch mit
seinen freien Arbeiten wird er zur Kultfigur und zum Anreger der Szene. Nach
mysteriösem Verschwinden, wird 1995 sein Tod gemeldet.
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